Utopie I, Der "Temporäre Raum" - Pneu // Vaihingen
Utopie II, Der "Temporär genutzte Raum" - Studio // Weimar
Utopie III, Der "Menschlos genutzte Raum" - Bauernhof // Bodensee
Utopie IV, Der "Ungenutzte/verlassene Raum" - Fabrikbüro // Neapel
Zu Utopie I: Die Tennis-Spielerin wirft den Ball in die Luft, um ihn kurze Zeit später hart mit dem Schläger zu treffen. Hinter ihr liegen weitere Bälle, auf der Bank die Trainings- Tasche. Im Hintergrund wölben sich riesige Planen zu einer zeltartigen Konstruktion auf. Decken-Leuchten erhellen das Szenario. Wir befinden uns in einem sogenannten Pneu (oder auch Traglufthalle). Diese Architektur wird verwendet, um temporär aus Flächen Räume zu transformieren. Das scheinbar fragile Zelt wird somit Schutz vor Wind, Regen und Schnee. Somit wird ein Raum simuliert, welcher die Voraussetzung für eine wetterunabhängige Situation schafft. Allein durch permanente Luftzufuhr, wird die zweischichtige Planen- Konstruktion so stabil, dass sie nahezu jeder Witterung trotzt. Temporäre Raume haben die Eigenschaft, kurzzeitig zu funktionieren zeigen jedoch gleichzeitig auf, dass im Grunde jeder Raum von begrenzter Zeit ist. Es ist nur eine Frage des Maßstabs.
Zu Utopie II: Drei Räume sind durch schmale, große Fenster verbunden. Zwei Fenster sind geöffnet, das hintere mit einer Jalousie geschlossen. Diese Raum-Anordnung war ursprünglich ein Aufnahmestudio, ist jedoch heute größtenteils unbenutzt. Lediglich gelegentlich wird sie für Ausstellungen oder Arbeitsplätze genutzt. Auffällig ist hierbei, das die ursprüngliche Funktion erkennbar bleibt, weil der Raum nur anders genutzt nicht aber physisch umstrukturiert wurde. So lassen die Fenster, Lampen und die Steckdosen die ehemalige Nutzungs-Situation erahnen. Die repitiv angeordneten Fensteröffnungen ließen früher die Kommunikation zu, heute fungieren sie hingegen eher als interessante Blickverbindungen. Dies erklärt, warum unbenutzte Räume nicht sofort abgerissen werden müssen, sondern vielmehr als neue Ansatzpunkte begriffen werden sollten. Ein anderweitig genutzter Raum zeigt auf der einen Seite das Scheitern einer ursprünglich offenbar utopischen Idee, auf der anderen Seite den realen menschlichen Umgang mit Raum auf.
Zu Utopie III: Eine Kuh steht auf einem Podest, um sie herum befinden sich kühle Stangen, Bleche und Kabel. 24 Stunden am Tag wird hier Milch produziert. Der Melk-Roboter funktioniert voll automatisch und ermöglicht die Benutzung durch und gleichzeitige Abwesenheit des Menschen. Das scheinbar autarke, sich selbst regulierende System von Tier und Maschine offenbart eine neue Art von Raum welcher in Zukunft mehr und mehr anzutreffen sein wird. Durch die Automatisierung und Technologisierung entstehen menschlose Nicht-Orte die gleichzeitig voller Effizienz und menschlichen Nutzen stecken. Dieser utopische Zukunftsraum wird noch von Menschen reguliert, dies könnte sich aber in Zukunft ändern wobei solche Räume sich hin zu autarken Systemen entwickeln würden.
Zu Utopie IV: An den hellen Wänden blättert der Putz ab, der Raum steht komplett leer. Durch ein großes, glasloses Fenster eröffnet sich der Blick auf eine Halle, welche von Erdhügeln durchdrungen wird. Durch Löcher im Dach fällt Licht in die Halle und ermöglicht eine Vegetation. Auf dem Boden liegen Splitter der Glasscheibe. War der Raum einst ein Büro mit Blick auf die Produktions-Stätte, bleibt heute nur noch ein bedeutungsloser Raum im Raum zurück, welcher von Menschen eigentlich nicht mehr betreten, vielmehr von der Natur zurücktransformiert wird. Das hier einst Menschen diesen Raum genutzt haben, wird immer undeutlicher.
»Dieser Raumtypus stellt das Ende meiner Untersuchung solcher Traumgebilde dar. Die komplette Abwesenheit des Menschen ist das Ende des Raumes«, so der Künstler. Durch Abwesenheit oder Nicht-Benutzung von Raum wird dieser zerstört. »Dies ist es auch, was mich an der Architektur interessiert: Das Verhältnis zwischen geplanten, erschaffenen und genutzten Raum« sagt Philipp Schell.
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